Die Heuneburg und ihre Vorburg

Über einen Fachvortrag von Gerd Stegmaier

Die Heuneburg ist ein frühkeltischer Fürstensitz am Oberlauf der Donau in der Gemeinde Herbertingen im Landkreis Sigmaringen. Die befestigte Kernanlage datiert auf das 6. Jahrhundert vor Christus. Sie ist etwa 300 Meter lang und bis zu 150 Meter breit. Die Heuneburg gilt als eine der ältesten Siedlungen nördlich der Alpen und gehört nicht nur in Deutschland mit zu den am besten erforschten Fundstätten mit vielen herausragenden Zeugnissen aus der keltischen Vergangenheit. So erregte erst im Dezember 2012 ein unweit der Heuneburg entdecktes Kammerschachtgrab mit reichen Schmuckbeigaben aus der frühen Keltenzeit großes Aufsehen. Die Wissenschaft geht davon aus, dass es sich bei der prunkvoll bestatteten Dame um eine eine Fürstin aus dem Heuneburg-Adel handelt.

Seit 2003 läuft ein Schwerpunktprogramm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), in dessen Rahmen auch auf der Heuneburg seit 2004 wieder Grabungen stattfinden. Dabei wurden auch ungewöhnliche Holzfunde an der Nordspitze der Heuneburg gemacht. 2005 wurde unter anderem von dem Tübinger Wissenschaftler Gerd Stegmaier (M. A.) die befestigte Vorburg untersucht. Dabei entdeckte man 2005 im Nordwesten vor der Kernanlage der Heuneburg die Steinfundamente eines monumentalen Kammertores aus dem 6. Jahrhundert vor Christus – ein einzigartiges archäologisches Denkmal von europäischer Bedeutung. Zwischen 2005 und 2008 wurden die Reste des steinernen Tores mit 12 m Länge und 8 m Breite freigelegt.

Die Entstehung und Besiedelung der Vorburg

Durch besagte jüngere Grabungskampagnen kam die Bedeutung der Vorburg erst wieder ans Licht. Denn bis vor kurzem waren die Wissenschaftler davon ausgegangen, Überreste der Vorburg wie Wälle wären mittelalterliche Zeugnisse. Erst die jüngsten Befunde datieren die Anlage in die Hallstattzeit beziehungsweise Ältere Eisenzeit (7. bis 5. vorchristliches Jahrhundert). Wie sich zeigte, waren unter anderem im Bereich des heutigen Besucherparkplatzes vielversprechende Siedlungsbefunde erhalten. Ebenso verstärkte sich der Verdacht, dass die Wall- und Grabensysteme der Vorburg in enger Verbindung mit diesen späthallstattzeitlichen Siedlungsbefunden zu sehen sind.

Unter Einbeziehung der neueren Forschungen öffnet sich ein neuer Blick auf die Struktur des späthallstattzeitlichen Fürstensitzes: Das Vorburgareal zeigt sich als Siedlungsort einer wohl privilegierten Bevölkerungsgruppe, die sich zur Zeit der Lehmziegelmauer hier niedergelassen hatte. Bis zum Beginn der späten Hallstattzeit reichten Außensiedlung und Vorburg bis zum zum Fuß der Heuneburg. Geomagnetische Untersuchungen wiesen auf einem heute etwa 100 Hektar großen Gelände etwa 50 Großgehöfte nach, in denen bis zu 3500 Personen in Sippen gelebt haben sollen. Weithin sichtbar dürfte die weißgekalkte Lehmziegelmauer der Heuneburg die Zeitgenossen in Erstaunen versetzt haben.

In der späten Hallstattzeit löste sich die Außensiedlung auf, die imposante weißgekalkte Lehmziegelmauer wird von einem Großbrand zwischen 540 bis 520 vor Christus völlig zerstört. Die befestigte Vorburg bestand zunächst weiter und wurde noch dichter besiedelt. Dann kam der Kollaps: Ab 525 vor Christus wandern große Massen der Bewohner ab. Die Bevölkerungszusammensetzung und das Wirtschaftssystem erfuhren einen großen Umbruch, die Heuneburg selbst blieb aber zunächst weiterhin ein zentraler Ort der Kelten.

Warum die vielen Menschen ihrem bisherigen Lebensmittelpunkt der Rücken gekehrt haben, ist nicht gesichert. Es gibt einige Thesen von Wissenschaftlern, die die Umwälzungen mit dem Niedergang eines bestimmten Herrschergeschlechts oder auch mit Missernten in Zusammenhang bringen. Und auch eine weitere Frage bleibt ungeklärt – wohin diese viele Leute verschwunden sind, ist den Forschern bis heute ein Rätsel.

Text: Kerstin Dannath