Moderne Altertumsforschung
Computertomografie und Lasertechnik helfen archäologische Funde besser zu erschließen
Experte des Landesdenkmalamtes gibt Einblicke in die moderne Altertumsforschung
Zwar graben Archäologen noch immer unter Körpereinsatz vor Ort. Doch mittlerweile helfen ihnen moderne Methoden effektiv bei der Suche nach archäologischen Fundstellen, wie ein Vortrag von Dr. Jörg Bofinger zeigte. Der Hauptkonservator des Landesamts für Denkmalpflege in Esslingen wurde vom Förderverein für Archäologie, Kultur und Tourismus (FAKT) auf den Hohenneuffen eingeladen, wo er einem interessierten Publikum die moderne Altertumsforschung nahe brachte.
Ein wichtiges Instrument beim Aufspüren von potentiellen archäologischen Fundstätten ist die so genannte Luftbildprospektion, wie Jörg Bofinger berichtete. Mit Hilfe des Flugzeuges kann der archäologisch geschulte Beobachter die Überprüfung der heutigen Kulturlandschaft nach Zeugnissen vergangener Menschheitsepochen über einen weitflächigen Raum hinweg vornehmen. Laut Bofinger können künstliche, das heißt vom Menschen vorgenommene Eingriffe in die natürliche Bodenstruktur, aus der Vogelperspektive leichter entdeckt und verfolgt werden, als bei der klassischen Feldbegehung, bei der die Forscher ein Gelände zu Fuß erkunden.
Unabhängig davon, ob es sich um einen in der Jungsteinzeit angelegten Befestigungsgraben handelt oder um eine mittelalterliche Hofanlage, menschliche Bodeneingriffe können teils im Pflanzenwuchs, teil anhand der Bodenverfärbung oder auch im Mikrorelief der heutigen Erdoberfläche laut Jörg Bofinger nachgewiesen werden. Bei der Luftbildprospektion handelt es sich um eine Erkundungsmethode, die im Vorfeld von Grabungen Informationen über Art und Größe einer Fundstätte liefert. Mit Hilfe von Luftbildern ist die moderne Archäologie zwar imstande bislang unentdeckte Zeugnisse menschlicher Kultur ausfindig zu machen, doch letztlich ist die Luftbildprospektion laut Jörg Bofinger auf ackerbauliche Flächen beschränkt. Fundstellen, die sich unter Waldgebieten befinden, werden von ihr nicht erfasst, wie der Hauptkonservator des Landesamtes für Denkmalpflege erklärte.
Hier liefert das Airborne Laser Scanning ergänzend wichtige Daten. Kulturdenkmäler, die sich unter Waldgebieten befinden, sind Bofinger zufolge sehr gut erhalten, da aufgeworfene Grabhügel und Wälle nicht in dem Maße der Witterung ausgesetzt sind wie auf dem freien Land. Insbesondere auf Ackerflächen, würden Denkmäler unter anderem durch die Bearbeitung mit dem Pflug eingeebnet werden, wodurch eine Erfassung schwierig sei. Aber auch hier liefere das Airborne Laser Scanning im Vergleich zur Luftbildprospektion oder Feldbegehung weiterführende Daten. Bei dieser Methode werden vom Flugzeug Laser-Impulse ausgesendet, die das Astwerk von Bäumen durchdringen, wie Jörg Bofinger erläuterte. „Die Impulse werden vom Boden reflektiert, dadurch wird eine Abtastung seines Reliefs ermöglicht“, so der Denkmalpfleger. „Mit Hilfe mathematischer Verfahren lässt sich aus den gesammelten Daten ein hochauflösendes Geländemodell der Erdoberfläche erstellen, das selbst geringe Bodenunebenheiten erfasst.“ Auf diese Weise könnten unter anderem Grabhügel, Wälle, Gräben oder Hohlwege abgebildet werden.
Durch das Airborne Laser Scanning ließen sich sogar dreidimensionale Modelle entwickeln. Durch die Bearbeitung am Computer können ermittelten Daten mit Farbverläufen und Konturlinien versehen oder Profillinien durch einzelne Hügel angelegt werden. Auf diese Weise ist es möglich, ein Gelände und Denkmäler zu vermessen. Darüber hinaus lassen sich so auch die Koordinaten eines Denkmals bestimmen, wie Jörg Bofinger ausführte. Auf diese Weise ist es dem Experten zufolge möglich, die gewonnen Daten auf geographischen Karten und Luftbildern zu übertragen, so dass sich Fundstätten in ihrer Ausdehnung, Lage und Größe exakter bestimmen lassen.
Eine weitere Methode der modernen Archäologie stellt das digitale Röntgen von Funden dar. Viele Objekte treffen im Landesamt für Denkmalschutz in Esslingen als Blockbergung ein. Das heißt, dass archäologische Funde mit dem Erdreich geborgen werden, das sie umgibt. Die Blöcke werden an der Fundstätte eingegipst und dann abtransportiert. Auf diese Weise kann der geborgene Fund in seinem originalen Fundzustand genau untersucht werden, da die Anordnung von Textilen, Knochen, Horn oder Holz nicht angetastet wird. „Das Röntgen ermöglicht es, noch vor der Öffnung des Blocks erste Aufschlüsse über den Blockinhalt zu erlangen“, so Jörg Bofinger. „Dank der Anwendung der 3D-Röntgen-Computertomographie lassen sich sogar organische Materialien erfassen.“ Dies helfe, die Priorität der Freilegung festzulegen und den restauratorischen Arbeitsbedarf zu bestimmen beziehungsweise ganz auf eine Freilegung zu verzichten und anhand der Computertomographie Fundgegenstände virtuell zu restaurieren.
Mit dieser Methode kann nicht nur das Material aus dem die Fundstücke bestehen ermittelt werden. „Es ist sogar möglich den Erhaltungszustand und den Abnutzungsgrad zu bestimmten“, erklärte Bofinger. „Selbst stark fragmentierte Objekte lassen sich mit der Computertomographie rekonstruieren.“ Bei dieser Methode entstehen binnen weniger Sekunden tausende von zweidimensionalen Bildern, die der Computer zu einem dreidimensionalen Bild zusammenfügt. Ganze Gräber und die in ihnen enthalten menschlichen Überreste und Grabbeigaben lassen sich auf diese Weise originalgetreu rekonstruieren, räumlich darstellen und animieren. „Die Erkenntnismöglichkeiten, die hierbei gegeben sind, lassen sich mit der herkömmlichen Restaurierung kaum erzielen“, so Jörg Bofinger.
Der Denkmalpfleger stellt in seinem Vortrag eindrücklich die Archäologie im Wandel der Zeit dar. Er machte deutlich, dass die fortlaufende Optimierung der Arbeitsprozesse, die Entwicklung neuer Konzepte und die Anwendung neuester Technologien dazu beitragen, wertvolle Fundstätten aufzuspüren und Bedingungen zu schaffen, unter denen die oft einzigartigen Kulturgüter, erschlossen und erhalten werden können.
Text: Daniela Haußmann nach einem Vortrag von Jörg Bofinger