Dr. Frieder Klein über den Heidengraben als Kulturdenkmal

Doktor Frieder Klein ist Sachgebietsleiter Archäologie im Referat für Denkmalpflege des Regierungspräsidiums Tübingen und damit für den Teil des Heidengrabens zuständig, der im Landkreis Reutlingen liegt. Der 58-Jährige hat in Tübingen in Vor- und Frühgeschichte promoviert. „Der Heidengraben ist als archäologisches Kulturdenkmal ein echter Hochkaräter“, sagte Frieder Klein im Gespräch mit Kerstin Dannath.
Herr Klein, was macht die archäologische Denkmalpflege überhaupt?

Frieder Klein: Wir sind zuständig für alle denkmalschutz-rechtlichen Verfahren insbesondere was mit Bauplanungen zu tun hat. Wir geben im Vorfeld Stellungnahmen bei geplanten Baumaßnahmen ab und sind gegebenenfalls auch mit vor Ort und führen Rettungsgrabungen durch. Wir sichern archäologische Spuren vor der Zerstörung. Die Archäologie deckt dabei die Zeitspanne von der Altsteinzeit bis in die Neuzeit ab.
Welchen Stellenwert hat der Heidengraben als Kulturdenkmal in Baden-Württemberg?

Frieder Klein: Der Heidengraben gehört zu den Kulturdenkmälern und archäologischen Landschaften in Baden-Württemberg, die besonders hoch anzusiedeln sind. Der Heidengraben ist ein echter Hochkaräter, zumal man die Wälle und Gräben auch heute noch als archäologische Relikte in der Landschaft erleben kann. Wir haben in Baden-Württemberg inklusive Heidengraben vier vergleichbare Anlagen aus spätkeltischer Zeit mit ‚städtischem‘ Charakter. Rechnet man beim Bevölkerung. Wir versuchen immer die Menschen in der Region mit einzubeziehen und auch über unsere Ergebnisse auf dem Laufenden zu halten. Am Heidengraben gibt es zum Glück viele Leute, die hierbei mithelfen – da kann ich als Denkmalschützer nur dankbar sein. Vor allem, wenn sich auch so viele Menschen mit unterschiedlichen Ansätzen einsetzen. Zum Beispiel ist das vom Förderverein für Archäologie, Kultur und Tourismus (FAKT) ins Leben gerufene Archäolgie-Forum sehr wichtig als Plattform für den Austausch und die Koordination einHeidengraben den Kernbereich, die sogenannte Elsachstadt, und die vorgelagerten Bereiche flächenmäßig zusammen, kommt man auf auf eine Ausdehnung von zirka 1650 Hektar. Mit dieser Fläche gehört der Heidengraben nicht nur in Baden-Württemberg sondern in ganz Mitteleuropa zu den größten keltischen Anlagen überhaupt.
Wie muss man sich das Gelände zu seiner Blütezeit im ersten und zweiten Jahrhundert vor Christus vorstellen?

Frieder Klein: Die neuesten Forschungen zeigen, dass die Kernzone Elsachstadt locker aber vollständig überbaut war. In dem großen Außenbereich gab es zudem mehrere ländliche Gehöfte, ähnlich Weilern, mit bewirtschafteten Ackerflächen drumherum. Den neuen Erkenntnissen liegen jüngere Funde sowie auch die auf dem Gebiet durchgeführten geophysikalischen Messungen zugrunde.
Was wäre für die Zukunft des Heidengrabens in Sachen Denkmalschutz wünschenswert?

Frieder Klein: Mit genügend finanziellen Mitteln könnte man die aus archäologischer Sicht vielversprechenden Bereiche aus der landwirtschaftlichen Nutzung nehmen. Damit wären die noch im Boden liegenden Zeugnisse vor dem Pflug geschützt. Wir Denkmalschützer wissen aber auch, dass wir keine Käseglocke über das Gelände stülpen können, um das Kulturdenkmal für die nachfolgenden Generationen zu bewahren. Wir müssen mit den Landwirten zusammen nach neuen Nutzungsmöglichkeiten suchen, bei denen es zu keiner weiteren Zerstörung kommt. zelner Projekte. Mit FAKT ist in der Region ein örtliche Zelle entstanden, in der Leute wirklich aktiv sind. Das ist wie ein Scharnier: Projekte werden in die Wege geleitet oder wichtige Menschen zusammengebracht. Auch andernorts gibt es solche Initiativen, das Besondere an FAKT ist aber das ‚Wie‘. Hier wird professionelle Arbeit geleistet und auch mal über den archäologischen Tellerrand hinausgeschaut, zum Beispiel wie man Sponsoren für weitere geophysikalische Messungen aktivieren kann.

Das klingt nach viel Überzeugungsarbeit.

Frieder Klein: Unser gesetzlicher Auftrag ist es Kulturdenkmäler in ihrem Bestand zu erhalten. Unser Anliegen ist dabei ein aktiver Schutz: In der Region muss man wissen, was man hat. Man muss sich vor Ort mit dem Denkmal identifizieren können. Die Frage nach Erhaltung und Schutz hat viel mit Nachhaltigkeit zu tun. Als Denkmalpfleger muss ich bisweilen auch warnen, dass man ein Denkmal sozusagen ‚kapputt schützen‘ kann. Selbst Ausgrabungen stellen gleichzeitig eine Zerstörung originaler Substanz dar. Vielleicht hat die zukünftige Gesellschaft ganz andere Fragen an die Geschichte und auch andere technische Möglichkeiten, um Antworten zu finden. Hier die Balance zu halten, ist unsere Aufgabe als Denkmalschützer.
Wie wichtig ist die Mithilfe der Bevölkerung in Sachen Denkmalpflege?

Frieder Klein: Archäologie muss als Aufgabe begriffen werden, und zwar nicht nur für abgehobene Wissenschaftler, sondern auch für die breite Bevölkerung. Wir versuchen immer die Menschen in der Region mit einzubeziehen und auch über unsere Ergebnisse auf dem Laufenden zu halten. Am Heidengraben gibt es zum Glück viele Leute, die hierbei mithelfen – da kann ich als Denkmalschützer nur dankbar sein. Vor allem, wenn sich auch so viele Menschen mit unterschiedlichen Ansätzen einsetzen. Zum Beispiel ist das vom Förderverein für Archäologie, Kultur und Tourismus (FAKT) ins Leben gerufene Archäolgie-Forum sehr wichtig als Plattform für den Austausch und die Koordination ein zelner Projekte. Mit FAKT ist in der Region ein örtliche Zelle entstanden, in der Leute wirklich aktiv sind. Das ist wie ein Scharnier: Projekte werden in die Wege geleitet oder wichtige Menschen zusammengebracht. Auch andernorts gibt es solche Initiativen, das Besondere an FAKT ist aber das ‚Wie‘. Hier wird professionelle Arbeit geleistet und auch mal über den archäologischen Tellerrand hinausgeschaut, zum Beispiel wie man Sponsoren für weitere geophysikalische Messungen aktivieren kann.

Das Interview führte Kersstin Dannath.
Foto: Kerstin Dannath